Der New York Ripper
Lucio Fulci war in fast allen
Kategorien des B-Kinos beheimatet. Ob Dramen, Musicals, Komödien, Softpornos
oder Horrorfilme, er war sich für nichts zu schade. Bekannt wurde er allerdings
hauptsächlich durch seine Blutorgien, die oftmals auf der Beschlagnahmeliste
landeten. Darunter befand sich auch ein legendärer Giallo den er im Jahre 1982
fertigte:
Der New York Ripper
Von vielen Gorehounds wird er aber
leider immer wieder nur auf den letzten Mord reduziert, der den Film schließlich
auf die 131er Liste brachte. Natürlich gibt es noch weitere Bluttaten, die aber
bei weitem nicht die Brutalität des letzten Akts erreichen. Das ist aber absolut
nicht alles was es zu sehen gibt. Der eigentliche Hauptdarsteller ist nämlich
das Rotlichtmilieu in New York. Wir tauchen ein, in eine kalte Welt voller Neon
und Leuchtreklamen. Die angebotenen Liebesdienste sind roh und verkommen. Die
Protagonisten innerhalb dieser Welt wirken absolut real. Einsame Menschen am
Abgrund der eigenen Seele, die auf der Jagd nach Erfüllung sind. Ob es nun der
zwielichtige Grieche ist, der sich in Livesexshows rumtreibt und Frauen
hinterhersteigt, oder die etwas betuchtere Dame aus gutem Hause, die bevorzugt
mit runtergekommenen Typen ihre Nächte verbringt und ihre Sexabenteuer auf
Tonband aufzeichnet um sie ihrem Ehemann zu überbringen. Diese nebensächlichen,
aber ausschweifenden Handlungsstränge werden oftmals als Kritikpunkt aufgeführt,
weil sie die Haupthandlung nur streifen. Für mich sind sie eher essentieller
Bestandteil. Nicht nur weil sie eben die Wege des roten Fadens kreuzen, sondern
weil sie einen Großteil der Atmosphäre ausmachen.
Natürlich gehen diese
Szenen in den Erotikbereich über, ohne aber als Softporno zu wirken. Vielmehr
sagen sie einiges über die Charaktere aus, ohne das man Sie mit Worten erklären
müsste. Wir sind bei Fulci nunmal in der Schmuddelecke, aber selten wirkte sie
so dreckig wie hier.
Trotzdem ist dies kein intellektueller Report über
das horizontale Gewerbe, sondern eben ein Giallo. Und wo ein Giallo ist, ist
auch ein Killer. Ein Killer der einen blinden Hass auf junge Frauen zu haben
scheint. Zumindest sind die Morde keine Kurzschlußtaten, sondern eher
zielorientiert und geplant. Dabei geht er so bestialisch wie möglich vor. Das
perverse ist aber die verstellte Stimme, die er immer wieder verwendet wenn er
einen Mord begeht. Er klingt wie ein völlig durchgeknallter Donald Duck, während
er seine Opfer tranchiert. Viele fanden die Stimme albern, ich fand sie als
Jugendlicher furchteinflößend und auch heute noch finde ich den Einfall genial.
Selten wirkte eine Stimme auf mich psychopathischer.
Trotz allem sollte
man vorsichtig sein, sofern man den Film nicht schon kennt und liebt. Aus
heutiger Sicht wirkt das alles altbacken. Die Goreeffekte können nicht mehr so
schocken, da es inzwischen weitaus härteres gibt. Für das ungeübte Auge wird der
Film auch sonst nicht viel bieten. Wer sich aber im Genre ein wenig auskennt,
sieht eine Perle des völlig humorlosen Schlitzerfilms. Ein dreckiger Meilenstein
einer längst vergangenen Zeit.
Eintrag von "Deadlyfriend" in der ofdb.de