Leichen pflastern seinen Weg

 

 

 

 

 

 

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Plakat zur 2. Wiederaufführung 1977

 

So richtig konnte Sergio Corbucci nie aus dem Schatten des wohl bekanntesten Italowesternregisseurs Sergio Leone treten. Trotz „Django“, der neben „Leichen pflastern seinen Weg“ wohl sein bester Film ist gelang er nie zu dessen Ruhm, was wohl auf die unterschiedlichen Stile dieser beiden Ikonen zurückzuführen ist.

Einmal mehr steht mit Silence (Jean-Louis Trintignant, brilliert neben Kinski) ein einsamer, wortkarger Revolverheld im Mittelpunkt, der sich in vielerlei Hinsicht von verwandten Figuren unterscheidet. Nicht nur aus Geldgier und persönlichem Interesse oder eigenem Schicksal vorangetrieben, unterstützt er jene, die sich eigentlich seine Hilfe gar nicht leisten können.

Das Szenario könnte für einen Italowestern untypischer kaum sein. Erwarten den Zuschauer doch sonst Wüste und Staub, so spielt „Leichen pflastern seinen Weg“ in einem kleinen Kaff in den Rocky Mountains, wo meterhoch Schnee liegt, klirrende Kälte herrscht und das Gesetz ausgenutzt wird. So trostlos wie die Landschaft, so pessimistisch ist die Atmosphäre. Kopfgeldjäger verdingen sich in „Snow Hill“, erschießen Bewohner, die aus Hunger zu Dieben wurden und kassieren ihr Kopfgeld. In unmenschlichen Jagden, stets auf den eigenen Vorteil bedacht, jagen sie die, vor dem Gesetz schuldigen, Männer und Frauen wie Tiere, ohne auch nur einen Funken von Gedanken an ihre Taten zu verschwenden.

Als ein Sheriff (Frank Wolff) und Silence in diesem kleinen Kaff eintreffen, scheint sich das Blatt zu wenden. Der Hüter des Gesetzes, mit dem ein politisches Motiv eingefügt wird, soll, beauftragt vom Senator, dem Morden Einhalt gebieten, scheitert aber letztendlich an seiner Naivität und Leichtgläubigkeit

So konzentriert man sich, unterstützt durch die einmal mehr kongeniale Arbeit Morricones, ganz auf das Duell zwischen Racheengel Silence und dem berüchtigten Kopfgeldjäger Loco, den Klaus Kinski in gewohnt unsympathischer, egoistischer und bösartiger Manier zum Besten gibt. Obwohl beide sich das Gesetz nicht im Sinne des Verfassers zu Nutze machen gewinnt der Schweigsame schnell die Sympathien des Publikums, kann aber gleichzeitig den listigen Loco nicht zu einer Leichtsinnigkeit treiben, wohl aber dessen Kollegen.

Corbucci inszeniert einmal mehr gewohnt trocken, konsequent und verzichtet komplett auf den aus Leone-Werken bekannten zynischen Humor. Alles wirkt dreckig, heruntergekommen und einfach. Keine Figur ist hier frei von Tadel, niemand seines Lebens sicher. Obwohl der massive Einsatz von Blut, die zur Schaustellung von Kopfschüssen und eine Softsexszene oft plakativ wirken, verdeutlicht er doch die Roh- und Skrupellosigkeit aller Figuren. Wer Hilfe anbietet oder sich aufopfert zeigt Schwäche, die hier umgehend bestraft wird. Isoliert von der Außenwelt, beginnt in einem verschneiten Kaff der Verfall der Menschlichkeit.

So untypisch wie der gesamte Film ist auch das Ende, dass nun so gar nicht zu den gängigen Genrekonventionen passt, da sich der vermeintliche Held zum Wohle der Gemeinschaft opfert, sie schlussendlich aber dadurch nicht rettet, sondern nur Hoffnung anbieten kann.

Fazit:
Ungewöhnlicher Western, der die Fassaden sämtlicher John Wayne Heldenepen einreißt und den wohl realistischeren Blick auf den „Wilden Westen“ wirft. Begleitet von Ennio Morricones unverwechselbaren Klängen liefert Sergio Corbucci einen kompromisslosen, harten Western ab, in dem es keine Helden gibt. Jean-Louis Trintignant und Klaus Kinski sind als Widersacher unvergesslich und sorgen in der Winterlandschaft für eine Gänsehautstimmung, die nur selten ein Western dem Zuschauer so nah bringen konnte.

( Eintrag von Blade Runner in der ofdb )